1814
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Die Nacht bricht an; es zieht der Weste Wehen
Mit leisem Fittig durch die dunklen Bäume.
In heil’ger Stille rings die Berge stehen.
Es sinkt der Tag in’s Feenreich der Träume.
Da wird es plötzlich hell auf allen Höhen.
In Gluth entflammen des Gebirges Säume,
Und licht, wie goldne Sonnenstrahlen, säen
Die Feuer neuen Tag in niedre Räume.
Wie seyd ihr schön, ihr heil’gen Flammenzeichen,
Die ihr das Herz mir wundersam beweget,
Manch schönes Bild vor meinem Geist erreget!
Nicht kann ich mehr von eurem Anblick weichen.
O leuchtet fort mit solchem Wonneschimmer!
Er überstrahlet alles Sterngeflimmer!
1814
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Seyd mir gegrüßt, ihr hohen Nibelungen,
Ihr Heldenbilder in des Königs Saal!
Wie euch des Sklaven kühner Geist gesungen,
So pranget ihr in lichtem Farbenstrahl.
Chriemhilden hält hier Siegfried hold umschlungen;
Dort blickt Brunhilde stolz auf den Gemahl,
Und Hagen trotzt von wilder Rach’ durchdrungen;
Der wackre Völker prüft der Zither Schall.
Und Rüd’ger, Dietrich, all’ die edlen Degen,
Wie steh’n sie groß und herrlich vor mir da,
Und blicken kühn voll Leben mir entgegen!
Als euch, ihr hehren Bilder all’, ich sah,
Fühlt’ ich in mir ein unnennbares Regen,
Und euern Zeiten wähnet’ ich mich nah!
1814
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Wanderer
Wie, in des Frühlings wonnenvollen Tagen
Bist, Täubchen, du so traurig und allein?
Sag’ an, was sollen deine stillen Klagen,
Wo alle andern Vöglein sich erfreu’n?
Täubchen
Nicht wundert’s mich, daß du magst also fragen.
Wohl nimmer werd’ ich froh und glücklich seyn.
Der Jäger hat lieb Männlein mir erschlagen;
Drum bin ich, ach! verlassen und allein.
Wanderer
Und du kannst noch in diesem Walde ruh’n?
Du fürchtest nicht, daß dich der Jäger fände,
Den Todespfeil auch deinem Herzen sende?
Täubchen
Ach nein, ach nein! Zur Qual ist mir das Leben.
O mög’ der Wilde bald den Tod mir geben!
Thut er es nicht, so wird mein Schmerz es thun!
1814
- ? Noch wölben sich die
majestät’schen Hallen
Des alten Dom’s in heilig düsterm Grau,
Noch ragen glänzend in der Sonne Strahlen
Die stolzen Thürme an des Himmels Blau.
Doch nimmer hörst du Waffentritte schallen.
Das rothe Kreuz am Herzen treu und rauh,
Du siehst den frommen Templer nimmer wallen
Im kühngewölbten byzanthin’schen Bau.
Der Landsmann nur mehr liegt hier im Gebethe,
Sieht staunend kunstgeformten Stein an Stein
Und mächt’ger Säulen schön verbund’ne Reih’n.
Still schauernd nur betritt er diese Stätte,
Dieß Riesendenkmal der Vergangenheit,
Dieß laute Zeugniß der Vergänglichkeit!